sport
drahtseilartisten & hochleistungsakrobaten
- I Shot A Goal In Reno. Gerd Dembowski lässt den Fußball zu Countrymusik tanzen.
- Nach allen Regeln der Kunst. Einmal K.O. mit Wladimir Klitschko.
- Ein Sieg macht noch keinen Adler. Eine Einflugschneise zur Vier-Schanzen-Tournee.
I Shot A Goal In Reno
Gerd Dembowski lässt den Fußball zu Countrymusik tanzen

Schön, sehr schön, dass sich mal jemand für seine „Selbstreferenzialität“ entschuldigt. Wär aber nicht nötig gewesen. Ist ja sozusagen ne menschliche Grundeigenschaft. Alles herrlich subjektiv hier. Besonders natürlich, wenn es um Fußball geht. Das fängt bei den Spielern an, die ihre Mannschaften gleich zu elf „Ich-Gesellschaften“ (Frank Rost) erklären. Von den Fans erwartet man zwar, dass sie sich objektiv im Sinne des Vereins verhalten, also eine mit der Clubführung deckungsgleiche Ansicht vertreten, doch dummerweise haben selbst deren Mitglieder stets „ihre ganz subjektive Meinung“. Tja, und die große Kaste der Berichterstatter, Kommentatoren und Kritiker wird ja sogar dafür bezahlt, dass sie die ganze Chose mit ihrer persönlichen Sichtweise noch unterhaltsamer gestalten. So will denn auch ich dem nicht nachstehen und unverhohlen gestehen, dass die Ankündigung der Buchpräsentation von Gerd Dembowskis »Fußball vs. Countrymusik« [Papyrossa, 156s, €12,90] bei mir Assoziationen von einem Gerhard Delling in Rüschenhemd und mit Cowboyhut auslöste, der versonnen zu Gunter Gabriel-Songs schunkelt, die sein Trauzeuge Günter Netzer auf einer schwarz-rot-gold lackierten Gitarre voller Inbrunst intoniert.
Nach allen Regeln der Kunst
Wladimir Klitschko beweist, daß der Boxring nicht allein von dumpfen Schlägern gepachtet ist. Das Interview zum WM-Kampf gegen Axel Schulz.

Am 16. November 96 feierte Wladimir Klitschko mit einem KO-Sieg über Fabian Meza in der ersten Runde sein Profidebut. An der Seite seines Bruders Vitali mischte er die Schwergewichtsszene auf. Doch spätestens nach Vitalis Gewinn des WBO-Titels drohte Wladimirs beeindruckender Kampfrekord von 28 Siegen, davon 26 durch KO, und 1 Niederlage in den Analen unterzugehen. Für den Olympiasieg in Atlanta konnte er sich im harten Profigeschäft nichts mehr kaufen, die schmerzhafte Niederlage und der damit einhergehende Verlust des Titels als WBC International Champion an Ross Puritty noch im Hinterkopf, all die Vorschußlorbeeren perdu – so mancher Boxer wäre wohl vollends ausgezählt worden. Nicht so Wladimir Klitschko. Nur wer sich wie der 23jährige Ukrainer auch geistig fit hält – der Sportlehrer schreibt derzeit an seiner Doktorarbeit – besitzt die mentale Stärke erneut erfolgreich durch den Ring zu tänzeln. Nach dem Gewinn der WBO Continental Championship steht nun der Fight um den Europameistertitel gegen Axel Schulz auf dem Programm.
Ein Sieg macht noch keinen Adler
Zur Vier-Schanzen-Tournee stürzt sich die Skisprungelite wieder die verschneiten Einflugschneisen Österreichs und Deutschlands hinab

Hoch droben steigt aus der Luke ein orangefarbenes Pünktchen. Der Applaus für den letzten Vorspringer verebbt. Stille tritt ein. Der Wettbewerb beginnt. Das Reglement will es so: Der erste Durchgang erfolgt als direkte Ausscheidung. Eins gegen eins. Nur die Sieger aus den fünfundzwanzig Vergleichen sowie die fünf Weitenbesten der Verlierer erreichen den zweiten Durchgang, erhalten die Chance möglichst viele Weltcup-Punkte und – fast noch wichtiger – Punkte für die Tournee-Wertung einzuheimsen.
Von tief drunten meint man ausmachen zu können, wie der Athlet unruhig auf dem Balken hin und her rutscht, sich auf den Sprung konzentriert. (Wäre es der Goldberger, würde man vermutlich sogar sehen, wie er sich noch einmal geistesabwesend vor die Brille titscht.) Tausende und ein Hals recken sich dem Schanzentisch entgegen. Die Spannung steigt, steigt mit jeder Sekunde, die verrinnt bevor sich der Springer aus der Sitzhaltung katapultiert. „UUUhhhhnnnnnd“, setzen die Kehlen im Tal inbrünstig an, schleudern sie es dem Starter mit der Nummer 1 förmlich entgegen, „ziiiieeeeehhhhhh!!!“